Children's Corner

Der Zyklus Children's Corner entstand zwischen 1906 und 1908 und wurde 1908 bei Durand mit einem von Debussy selbst entworfenen Titelblatt veröffentlicht. Die Uraufführung fand am 18.12.1908 in Paris statt. Der Pianist war Harold Bauer.

Enthaltene Stücke

1. Doctor Gradus ad parnassum
2. Jimbo's Lullaby
3. Serenade for the doll
4. The snow is dancing
5. The little Shepherd
6. Golliwogg's cake walk

Chouchou

Children's Corner ist Debussys Tochter Claude-Emma, gennant Chouchou, gewidmet, die am 30.10.1905 zur Welt kam. Sie war das einzige Kind Debussys und ging aus der Beziehung mit Emma Bardac hervor, die Debussy 1908 heiratete. Chouchou war drei Jahre alt, als Debussy Children's Corner fertig stellte. Die Widmung lautete "Meiner geliebten kleinen Chouchou, mit zärtlichen Entschuldigungen ihres Vaters für das, was folgt..." Chouchou überlebte ihren Vater nur um etwas mehr als ein Jahr und starb im Juli 1919 an einer falschen medikamentösen Behandlung einer Diphterie-Infektion.


Jochen Scheytt
Claude Debussy: Children's Corner - Entstehung, Inhalte, Analysen

128 Seiten
Erschienen als Buch und als e-Book. Books on Demand Verlag, 2022. Erhältlich im Onlineshop von Books on Demand und in allen Online-Buchhandlungen.


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Entstehung

Der gesamte Zyklus, sowie die sechs Einzelstücke tragen englische Titel. Dies ist sowohl Ausdruck von Debussys allgemeiner Begeisterung für England und alles Englische, hängt aber sicherlich auch damit zusammen, dass Chouchou eine englische Gouvernante, Miss Gibbs, hatte.

Eine starke Anregung zur Komposition von Children's Corner ging von Modest Mussorgksys Liederzyklus Kinderstube aus. Debussy hatte diesen Zyklus um 1890 kennengelernt und war davon hellauf begeistert. 1901 schrieb er eine Rezension in der Fachzeitschrift Revue Blanche, in der er die Kinderstube als Meisterwerk bezeichnete. "Nie noch wurde eine so hoch entwickelte Sensibilität durch derart einfache Mittel dargestellt." (1)

Uraufführung

Debussy wohnte der Uraufführung nicht persönlich bei, was typisch für ihn war. Insgeheim fürchtete er negative Reaktionen des Publikums, mit denen er nicht hätte umgehen können. So wartete er unruhig bis dieser gefürchtete Moment vorüber war. Der englische Pianist Harold Bauer, der die Uraufführung spielte, traf Debussy nach Beendigung des Zyklus im Hof, wo dieser "mit mürrischem Gesicht auf- und abging. Er kam auf mich zu: »Eh bien! Wie hat man's aufgenommen?« [...] Ich sah ihm direkt in die Augen. »Sie haben gelacht«, sagte ich kurz. Ich sah, wie er vor Erleichterung aufatmete. Er brach in ein befreites, fröhliches Gelächter aus, schüttelte mir herzlich die Hand und sagte: »Wissen Sie, ich danke Ihnen vielmals!« (2)

Form

Einige der sechs Stücke des Zyklus folgen der traditionellen ABA'-Form. Dies bedeutet, dass das Hauptthema am Ende - meist nach einem kontrastierenden Mittelteil - wieder aufgenommen wird. Es handelt sich dabei aber nie um eine wörtliche Wiederholung. Debussy behandelt diese formale Vorlage sehr frei und vermeidet dadurch den Eindruck des Schematischen.


Doctor Gradus ad parnassum

Der Titel ist eine Anspielung auf Muzio Clementis Klavierschule "Gradus ad parnassum" (Schritt zum Parnaß, dem Dichter- und Künstlertempel, 1817). Debussy sagt dazu mit seiner typischen Ironie:
"Das ist eine Art hygienischer und fortschreitender Gymnastik; es empfiehlt sich daher, das Stück jeden Morgen auf nüchternen Magen zu spielen, moderato beginnend, um lebhaft zu enden."

In der Tat beginnt Doctor Gradus ad parnassum wie eine Clementi-Etüde, mit Akkordbrechungen in Sechzehnteln in reinem C-Dur. Doch schon in der dritten Sechzehntel-Gruppe schleichen sich die ersten "falschen" Noten in die Dreiklangsbrechungen ein: große und kleine Septimen und Nonen, die die sofort deutlich machen, dass es sich hier keineswegs um eine klassische Etüde handeln kann.

Formal betrachtet kann man sechs verschiedene Teile erkennen. Der letzte Teil, eine Coda in der Art einer Stretta, bringt das Stück durch eine kontinuierliche Tempoverschärfung zu einem wirkungsvollen, gerade zu rasenden Ende. Im 4. Teil ab Takt 33 verwendet Debussy kein neues motivisches Material, sondern verarbeitet das Hauptmotiv aus Takt 1. Durch Augmentation der Notenwerte (hier: Achtel statt Sechzehntel), zweimalige Rückung der Tonart (zuerst nach B-Dur, dann nach As-Dur), kontinuierliches Abbrechen und Wiederansetzen der Motive und das für Debussy typische Auslaufen von Bewegungen (Takt 35-36) erzielt Debussy dennoch die Wirkung eines im Tempo verlangsamten, charakterlich eigenständigen Teils.


Jimbo's Lullaby

Jimbo's Lullaby ist das Wiegenlied eines Elefanten. Drei verschiedene musikalische Gedanken bestimmen die Szenerie:

  • Der musikalische Hauptgedanke, das eigentliche Wiegenliedthema, das dreimal in voller Länge auftaucht: ab Takt 1, Takt 21 und Takt 63 (in den Notenbeispielen blau markiert)
  • Die variierten ersten Takte des bekannten französischen Kinderlieds >Do, do, l'enfant, do>. Auch dieses Motiv kommt drei Mal vor: eher versteckt am Beginn (Takt 11 ff.) und am Ende (Takt 78 und 79), und ab Takt 39 in einer achttaktigen Ausdehnung (in den Notenbeispielen grün markiert)
  • Ein zweitaktiges, chromatisch abwärts verlaufendes Thema, das mit einem Sprung nach oben endet. Es entwickelt sich ab Takt 29 allmählich und besitzt ab Takt 47 seine prägende chromatisch verlaufende Gestalt. Diese Melodie ist bis zum Schluss präsent (in den Notenbeispielen rot markiert).

Der musikalische Hauptgedanke beginnt unbegleitet in Takt 1 in elefantös tiefer Lage. Die Melodie, die in den ersten beiden Takten von zwei Synkopen (jeweils die halben Noten) geprägt wird, ist mit einigen unbeholfenen Tonrepetitionen versehen und wirkt dadurch etwas linkisch. In der Mitte und am Ende der beiden Melodiephrasen finden sich kleine Einwürfe in Sekundintervallen - etwa wie wenn ein kleiner Stoffelefant, der auf die Tasten gesetzt wird, in seiner Tapsigkeit mit seinen breiten Vorderfüßen immer gleich zwei Tasten zusammen herunterdrückt.

Ab Takt 11 schleichen sich in die Sekundrepetitionen die ersten Töne des französischen Kinderlieds "Do, do, l'enfant, do".

Notenbeispiel 1: "Do, do, l'enfant do", Takte 1 bis 4", Takt 1-4
Do, do, l'enfant do, Takte 1 bis 4

Debussy verfremdet die Melodie jedoch, indem er das Anfangsintervall von einer großen Terz im Original (a-f) zu einer großen Sekund (es-des) abändert. Zudem werden die Notenwerte augmentiert, aus den Halben werden Ganze und aus den Vierteln werden Halbe.

Notenbeispiel 2: "Jimbo's Lullaby", T. 9 bis 14
Jimbo's Lullaby, T. 9 bis 14

Die folgende Generalpause mit Fermate und der ab Takt 19 beginnende konstante Begleitrhythmus in Vierteln lassen die Takte 1 bis 14 nachträglich wie eine Einleitung, wie eine Hinführung auf den nun folgenden Hauptteil wirken.

Dieser Hauptteil, der die schon oben erwähnte Form ABA' besitzt, beginnt mit dem zweiten Auftreten des Hauptgedankens - dieses Mal allerdings in der Mittellage der eingestrichenen Oktave. Begleitet wird die Melodie mit einer ostinaten - also gleichbleibenden - Begleitfigur, die sich aus den Sekundrepetitionen der Einleitung entwickelt hat. Nun ist die pentatonische Anlage der Melodie gut zu hören.

Notenbeispiel 3: "Jimbo's Lullaby", T. 21 bis 24, Wiegenliedthema
Jimbo's Lullaby, T. 21 bis 24, Wiegenliedthema

Ab Takt 39 beginnt ein ganztöniges Feld, in dem Debussy wieder den Anfang des Kinderlieds "Do, do, l'enfant, do" verwendet.

Die Melodie ist hier im oberen Notensystem in der unteren Stimme zu erkennen.

Notenbeispiel 4: "Jimbo's Lullaby", Takte 39 bis 40
Jimbo's Lullaby, Takte 39 bis 40

Ab Takt 47 findet sich ein von Tonrepetitionen geprägtes, chromatisch abwärts laufendes neues Thema.

Notenbeispiel 5: "Jimbo's Lullaby", Takte 47 bis 48
Jimbo's Lullaby, Takte 47 bis 48

Dieses Thema (rot markiert) wird gegen Ende (ab Takt 49) mit dem Wiegenliedthema (blau markiert) zusammengeführt. Da das Wiegenliedthema in B-Dur steht, muss das vorher ganztönige Thema nun mit dem Tonmaterial von B-Dur gespielt werden.

Notenbeispiel 6: "Jimbo's Lullaby", Takte 63 bis 66
Jimbo's Lullaby, Takte 63 bis 66

Die letzten acht Takte sind ein auskomponiertes Einschlafen in immer tieferer Lage und fortschreitender Ritardierung der Bewegung.


Serenade for the doll

Einen wichtigen Hinweis darauf, was Debussy bei der Komposition von Serenade for the doll im Sinn hatte, liefert der Pianist Maurice Dumesnil, der bei Debussy Unterricht im Klavier nahm. Er erinnert sich an einige Kommentare, die Debussy zu den Stücken von Children's Corner machte, unter anderem zu Serenade for the doll: "Délicate et gracieux, nichts soll an die Leidenschaft eines spanischen Ständchenbringers erinnern." (3)

Eine Serenade, ein abendliches Ständchen, wird meist in südlichen Ländern mit der Gitarre vorgetragen. So auch hier, wo das Zupfen der Saiten das ganze Stück durchzieht und von gitarren-typischen Vorschlägen und Arpeggien durchbrochen wird.

Vor diesem Hintergrund ist es einigermaßen verwunderlich, dass verschiedene Autoren, wie zum Beispiel Maria Porten ihrer Analyse (4) die Idee einer mechanischen Puppe zugrunde legen. Debussys Titel legt ja schon nahe, dass die Musik nicht die Puppe selbst beschreibt, sondern ein Ständchen, das ihr dargebracht wird.


The snow is dancing

Dieses Stück steht in d-Moll, einer Tonart, die bei Debussy Kälte symbolisiert (wie bei De pas sur la neige (Schritte im Schnee) aus den Préludes I). Die fast durchgängigen, leggiero und piano bis mezzopiano zu spielenden Sechzehntel stellen das Schneetreiben dar.


The little Shepherd

The little Shepherd beginnt mit einer wie improvisiert klingenden Melodie, die in Debussys typischer schwebender Rhythmik unbegleitet vorgetragen wird und auf einem langen Ton ausklingt. Sie erinnert damit an Debussys Orchesterwerke Printemps und Prélude à l'après-midi d'un Faune.

Notenbeispiel 7: "The little shepherd", T. 1 bis 4
The little shepherd, T. 1 bis 4

An die Melodie schließt sich ein tänzerisch bewegtes, wiegendes Motiv an, das sogleich auf einer lang ausgehaltenen Note stehen bleibt, und sich nach der Wiederholung in einen A-Dur-Akkord auflöst.

The little Shepherd ist ganz in weichen Farben gehalten und soll selbst auf dem Höhepunkt in Takt 24 nur mezzoforte gespielt werden. Es verklingt schließlich im dreifachen piano.


Golliwogg's cake walk

Ein Golliwogg ist eine Puppe mit schwarz gefärbtem Gesicht und schwarzen, vom Kopf abstehenden Haaren, die Debussy sehr wahrscheinlich durch Chouchous englische Gouvernante Miss Gibbs kennenlernte. Sie wurde von der britischen Illustratorin Florence Upton für eine Serie von Kinderbüchern erfunden, die zwischen 1895 und 1912 veröffentlicht wurden. Die Texte in Reimform stammten von ihrer Mutter Bertha Upton. Die Anregung erhielt Florence Upton aus dem Umfeld der Minstrel Show, die sie in ihrer Kindheit in den USA kennengelernt hatte.

Die Minstrel Show war eine in den USA Mitte des 19. Jahrhunderts populäre Showform, bei der sich Weiße als Schwarze verkleideten und diese mit einer bunten Mischung aus Songs, Tanz und Comedy zur Belustigung des weißen Publikums veräppelten. Auch der Cakewalk, ein vornehme, weiße Tanzformen parodierender Schreittanz, wurde in der Minstrel Show getanzt. Die Golliwogg-Puppe gewann schnell an Popularität, die bis in die 1950er Jahre anhielt. In den Achtzigern wurde die Puppe allerdings wegen ihrer rassistischen Ursprünge aus den Kinderzimmern verbannt.

Ragtime und Cakewalk bei Debussy

Bei Debussy sind außer Golliwogg's Cakewalk noch The little negro, Minstrels aus dem ersten Band der Préludes und Général Lavine - excentric aus den Préludes Band II stark von der Minstrel Show beeinflusst.

Bei der musikalischen Gestaltung folgt Debussy den typischen Mustern des Ragtime. Debussy war wie viele andere Komponisten im Frankreich der Jahrhundertwende - man denke da an Maurice Ravels Blues aus der Violinsonate oder Igor Stravinskys Ragtime - fasziniert vom exotischen Flair von Ragtime und frühem Jazz und integrierte deren Elemente in die Kunstmusik.

Das Hauptthema ist purer Ragtime: synkopierte Rhythmen in der Melodie, die von einer marschähnlichen Figur aus gleichmäßigen Achteln begleitet werden.

Notenbeispiel 8: "Golliwogg's Cakewalk", Hauptthema, Takte 10 bis 13
Golliwogg's Cakewalk, Hauptthema, Takte 10 bis 13

Debussy verwendet hier fast exakt die gleiche Rhythmik wie bei seiner anderen Minstrel-Komposition The little negro, wobei bei dieser die melodische Gestaltung schematischer verläuft, indem die eintaktigen Melodiebausteine nur in Terzen abwärts sequenziert werden.

Notenbeispiel 9: "The little negro", Takte 1 bis 4
The little negro, Takte 1 bis 4

Die Intro nimmt die beiden ersten Takte des Hauptthemas vorweg - forte, unisono und in hoher Lage. Das Motiv aus Takt 2 wird in den beiden Folgetakten rhythmisch variiert zweimal um eine Oktav nach unten versetzt. Mit einem wuchtigen Akkordschlag und einer folgenden, eintaktigen Generalpause in Takt 5 wird die Intro beendet und der Ragtime begonnen. Oder, anders ausgedrückt: Auftritt Golliwogg, von der Seite auf die Bühnenmitte mit Handstandüberschlag, gestanden - gespannte Stille im Raum, der Tanz kann beginnen.

Notenbeispiel 10: "Golliwogg's Cakewalk", Intro, Takte 1 bis 4
Golliwogg's Cakewalk, Intro, Takte 1 bis 4

Golliwogg's Cakewalk besitzt die Form ABA'. Im B-Teil zitiert Debussy den Beginn von Richard Wagners Oper Tristan und Isolde. Darin enthalten ist der berühmte Tristan-Akkord (farbig markiert). Dieser steht symbolisch für den Beginn der Auflösung der herkömmlichen tonalen Beziehungen in der Musik.

Notenbeispiel 12: Richard Wagner: "Tristan und Isolde", Beginn
Richard Wagner: Tristan und Isolde, Beginn

Exkurs: Die Bedeutung des Tristan-Akkords

Der Tristan-Akkord steht symbolisch für den Endpunkt der Funktionsharmonik, in der alle Dreiklänge einer Tonart aufeinander bezogen werden und in einem Spannungs- bzw. Entspannungsverhältnis zueinander stehen. Prägend ist dabei das Dominant-Tonika-Verhältnis (Spannung - Auflösung). Während in der Klassik viele Werke mit den drei Hauptdreiklängen (Tonika, Subdominante und Dominante) und ihren drei Vertretern auskam, entwickelte sich die Harmonik vor allem in der Romantik so stark weiter, dass das funktionale System an seine Grenzen kam. In Tristan und Isolde dehnt Richard Wagner das System so weit, dass im Prinzip auch keine Grundtonart mehr zu erkennen ist.

Zwar ist die Akkordfolge (Notenbeispiel 12) noch funktionsharmonisch erklärbar als Doppeldominante H-Dur als Septakkord (Tristan-Akkord), die sich in die Dominante E-Dur (auch als Septakkord) auflöst (Grundtonart ist a-Moll). Dennoch ist der Tristan-Akkord harmonisch unbestimmt. Dies liegt zum einen an der tiefalterierten Quint (beim H7-Akkord müsste der Quintton fis heißen, hier findet sich in der tiefsten Stimme aber ein f), und zum anderen daran, dass die Septim a in der Oberstimme erst sehr spät und sehr kurz erklingt. Das gis, das den Klang des Akkords prägt, kann zwar als Vorhaltsnote interpretiert werden, Vorhaltsnoten sind der Regel aber kurz und die Hauptnote lang, ein Verhältnis, das hier genau umgedreht wird. Dadurch wird der Akkord auch nicht als H7 gehört, sondern bekommt einen eigenen Klangwert.

Debussy hatte ein sehr zwiespältiges Verhältnis zu Wagner, den er in seinen jungen Jahren sehr verehrt hatte, später aber genauso heftig ablehnte. Dies ist hier deutlich zu sehen, indem Debussy das Zitat aus Tristan und Isolde in einer parodistischen Version in das Umfeld der Nonsens-Maschinerie Minstrel Show versetzt, und damit einen deutlichen Nadelstich in Richtung Wagner und dessen ernste, historische Stoffe setzt. Die Parodie beginnt schon bei der Spielanweisung "avec une grande émotion", die den romantischen, gefühlsbetonten Geist auf die Schippe nimmt. Um die Künstlichkeit dieser "grande émotion" zu verdeutlichen, schickt er dem Tristan-Akkord als Echo einige spitze, wie spöttische Lacher klingende Achtel in hoher Lage hinterher.

Notenbeispiel 13: "Golliwogg's Cakewalk", B-Teil, Takte 61 bis 64, Tristan-Zitat
Golliwogg's Cakewalk, B-Teil, Takte 61 bis 64, Tristan-Zitat

Harold Bauer

Der Pianist der Uraufführung Harold Bauer hatte dieses Tristan-Zitat beim Einstudieren des Zyklus nicht bemerkt. Er war bei Debussy zu Hause, um ihm die Stücke vor der Uraufführung vorzuspielen und dessen Einverständnis für die Interpretation zu holen, was er auch bekam. Erst als ihn Debussy mit der Nase auf das Tristan-Zitat stieß, wurde es ihm klar: "Mir war die Anspielung völlig entgangen. Ich musste herzlich lachen und gratulierte ihm zu seinem gelungenen Streich" (5)

(1) Zitiert nach: Rutz, Hans. Debussy - Dokumente seines Lebens und Schaffens. München, 1954, S. 113.
(2) Zitiert nach: Nichols, Roger. Claude Debussy im Spiegel seiner Zeit. London, 1992, S. 180.
(3) Zitiert nach: Nichols, Roger. Claude Debussy im Spiegel seiner Zeit. London, 1992, S. 185.
(4) Porten, Maria. Zum Problem der „Form“ bei Debussy. Untersuchungen am Beispiel der Klavierwerke. München, 1974, S. 52f.
(5) Zitiert nach: Nichols, Roger. Claude Debussy im Spiegel seiner Zeit. London, 1992, S. 179.

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  © 2023 by Jochen Scheytt

Die deutschen Debussy-Seiten sind der umfangreichste Überblick über Debussys Leben und Schaffen in deutscher Sprache im Internet.

Jochen Scheytt
ist Lehrer, Pianist, Komponist, Arrangeur, Autor und unterrichtet an der Musikhochschule in Stuttgart und am Schlossgymnasium in Kirchheim unter Teck.