Songs: We're in this Love together

Album: "Breakin' Away" (1981)

We're in this Love together ist definitiv der kommerziell erfolgreichste Songs Al Jarreaus. Er wurde 1981 auf dem Album Breakin' Away veröffentlicht und als erste Single ausgekoppelt. Die Single erreichte immerhin Platz 15 in den US-amerikanischen Popcharts und blieb dort 24 Wochen lang präsent (1). Dies war für Al Jarreau ein großer Erfolg, denn bis dahin war er mit seinen Songs ausschließlich in den R&B-Charts präsent und darüberhinaus hauptsächlich Jazzenthusiasten ein Begriff gewesen.

Dennoch ist es irgendwie erstaunlich, dass Keith Stegall noch nie etwas von Al Jarreau gehört hatte. Keith Stegall und Roger Murrah sind die beiden Autoren von We're in this Love together. Beide waren ab den frühen 1980er-Jahren in der Country-Szene in Nashville als Songwriter, Produzenten, und Murrah zusätzlich als Musikverleger aktiv. Dass Al Jarreau ein völlig Unbekannter für Stegall war, zeigt welch unterschiedliche Welten die Country-Szene und die West Coast Pop bzw. Jazz Szene doch wohl waren und wahrscheinlich auch heute immer noch sind. Dass beide Welten in We're in this Love together aufeinander trafen, ist dann auch wohl nur einem Zufall, beziehungsweise einer Verwechslung geschuldet.

So schildert es jedenfalls Keith Stegall in einem Interview (2). Al Jarreaus damaliger Produzent Jay Graydon hat ihm die Geschichte so erzählt, dass man bei der Produktion von Breakin' Away noch auf der Suche nach einem potentiellen Hit war und die Demotapes sichtete, die von Al Jarreaus Plattenfirma Warner zur Verfügung gestellt worden waren. We're in this Love together war demnach die letzte Audiokassette in der Box, von der man dann sagte, dass das mangels weiterer Alternativen wohl dann der Hit-Song sein müsse.

Anscheinend war das Tape aber nur aufgrund einer Verwechslung überhaupt in die Box für Al Jarreau gelangt, denn der Song war eigentlich gar nicht für ihn vorgesehen gewesen. Er war ursprünglich für den Sänger Johnny Mathis geplant, der auf die Anfrage aber nicht reagiert hatte. So plante man mit der Larsen-Feiten-Band, deren Namensgeber und kreative Köpfe der Gitarrist Neil Larsen und der Keyboarder Buzz Feiten waren und die auch bei Warner gelistet waren. Doch in deren Demotape-Box kam der Song aufgrund der Verwechslung anscheinend nie an.


Jochen Scheytt: Al Jarreau - Studien seiner Entwicklung vom Jazz- zum Popinterpreten

Eine wissenschaftliche Arbeit zu Al Jarreau. Mit Analysen zur vokalen Improvisation und der Harmonik einiger ausgewählter Songs. Grin Verlag, 2008.

Bei Al Jarreaus langjährigem Keyboarder und Arrangeur Tom Canning hört sich die Geschichte etwas unspektakulärer an. Laut Canning (3) gab es einen Mitarbeiter in Al Jarreaus Management-Team, der dafür zuständig war, die ganzen Demosongs, die von Songwritern und Musikverlagen eingereicht wurden, durchzuhören, da weder Al selbst noch Jay Graydon die Zeit dazu hatten. Eines der Tapes, die der Mitarbeiter bei den Aufnahmesessions an die Musiker weitergab, war eben das Demotape von We're in this Love together. Canning erinnert sich, dass Jay Graydon sofort darauf ansprang und entschied, dass das ein Hit werden würde und man den Song unbedingt aufnehmen müsse. Canning selbst war allerdings anderer Meinung. Er fand den Song bescheuert ("stupid"), ziemlichen Mist ("a piece of crap") und wusste nicht wirklich, was Graydon daran fand (4).

Dass sich das Hitpotential für Canning nicht erschloss, lag sicherlich daran, dass We're in this Love together auf dem Demotape nicht im geringsten klang wie die fertige Aufnahme Al Jarreaus. Das ist allerdings bei vielen Demotapes der Fall, denn es sind eben Demotapes und keine fertigen Produktionen. Allerdings muss der Unterschied beiWe're in this Love together ziemlich groß gewesen sein. Canning erinnert sich, dass der Song einen holprigen "Two-Beat-Groove" hatte - sicherlich dem Ursprung aus der Country-Ecke geschuldet. Dass Graydon im Gegensatz zu Canning das Potential des Songs sofort erkannte, zeigt seinen Instinkt und zeichnet ihn als erstklassigen Produzenten aus.

Allerdings sagte auch selbst Keith Stegall über seinen Song We're in this Love together, dass es im Grunde keine typische Country-Musik-Komposition sei, was sich vor allem in der Akkordprogression äußere (5). Die von ihm verwendete Akkordprogression ist allerdings ein in der Popularmusik äußerst weit verbreitetes harmonisches Modell: die I-VI-II-V-I-Verbindung, auch "Turnaround" genannt. Diese wird im Song durchgehend verwendet und nur an einer Stelle ("like berries on the vine") kurz aufgebrochen.

Dass aus We're in this Love together im Country-Feel ein Hit im West Coast Pop Sound werden konnte, liegt neben Al Jarreaus gekonnter vokaler Umsetzung vor allem an der fantastischen Studioband, die aus den besten Musikern bestand, die sich damals an der Westküste versammelt hatten. Das waren Steve Gadd an den Drums, Abe Laboriel am Bass, Jay Graydon selbst und Steve Lukather von Toto an den E-Gitarren, und nicht zuletzt Michael Omartian an den Keyboards, genauer gesagt am Fender Rhodes und am Synthesizer. Omartian scheint bei der konkreten Ausarbeitung von We're in this Love together eine besonders tragende Rolle gespielt zu haben.

Tom Canning berichtet (6), dass Omartian nur drei Stunden gebraucht habe, um den Rhodes- und Synthesizer-Part einzuspielen. Und es ist genau dieses Fender Rhodes, das den Song auf ein höheres künstlerisches Level hebt - ohne dass man dabei die Leistung der anderen Musiker abwertet. Omartians Keyboardspiel besticht durch einen Wechsel von ruhigen, liegenden Akkorden und sehr akzentuiert und rhythmisch gespielten Figuren, die Rhodes-typisch einen helleren Sound besitzen als die weich gespielten Akkorde. Die zweite Strophe ist in der Intensität gegenüber der ersten gesteigert und Omartian spielt an mehreren Stellen Folgen von absteigenden Akkorden, die wie beim Call & Response im Blues und Gospel die Gesangspausen füllen (Fill-Ins).

Haben diese Akkordkaskaden in den Strophen improvisatorischen Charakter, so gilt das nicht für die Synthesizer-Melodie, die Omartian im Refrain nach der ersten Gesangsphrase ("We're in this love together, we got the kind that lasts forever") spielt. Diese melodische Linie, die ebenso wie die Fill-Ins in den Strophen mit der vorigen Gesangsphrase call & response-mäßig verbunden ist, bleibt in allen Refrain-Wiederholungen genau gleich. Dabei setzt sie die Gesangsphrase in tiefer Lage fort, um gleich wieder aufzusteigen und zur nächsten Gesangsphrase überzuleiten. Diese Melodie war in der ursprünglichen Komposition nicht vorhanden, ist aber so charakteristisch, dass sie in Al Jarreaus Einspielung in elementarer Weise zum Song dazugehört.

Doch um zu vermeiden, dass diese Synthesizer-Melodie zu häufig vorkommt und dadurch eine gewisse Eintönigkeit entsteht, kommt am Schluss des Songs, nach dem Saxophonsolo, wenn nur noch der Refrain mehrfach wiederholt wird, eine zweite Melodie im Synthesizer hinzu, und zwar immer im Wechsel mit der ersten Melodie. Diese zweite Synthesizer-Melodie unterscheidet sich stark von der ersten, obwohl auch sie zuerst auf- und dann wieder absteigt. Sie wirkt aber intensiver und drängender, was an den folgenden musikalischen Merkmalen festzumachen ist:

  • Die zweite Melodie ist mit zwei Takten Länge kürzer als die erste, die drei Takte umfasst.
  • Anstelle der ganztaktig wechselnden Akkorde, die der ersten Melodie als Grundlage dienen, wechseln diese nun halbtaktig. Dabei werden zwei Akkorde eingefügt (rot markiert): Die letzten beiden Akkorde der ersten Melodie lauten: Dm7 - F/G, die der zweiten Melodie: Dm7 - C/E - Ab/Bb - F/G. Dabei fällt der Akkord Ab/Bb auf, der nicht in die Grundtonart C-Dur passt. Aber eben dadurch wirkt die Akkordfolge um einiges interessanter und spannender und bringt eine ungewohnte und neue Klangfarbe ins Spiel. Hätte man in der Tonart bleiben wollen, wäre an der Stelle von Ab/Bb eher der Akkord F oder Fmaj7 zu erwarten gewesen.
  • Während die erste Melodie durch die Verwendung vieler Off-Beats aufgelockert und federnd wirkt, ist die zweite Melodie mit ihren durchlaufenden Achteln dichter.
  • Im Gegensatz zur ternären Rhythmik der ersten Melodie wird die zweite Melodie in geraden Achteln gespielt (straight eights), was einen starken Kontrast zur ternären Grundrhythmik des Songs bietet.

(1) https://en.wikipedia.org/wiki/We%27re_in_This_Love_Together. Abgerufen am 08.06.2025.
(2) Paulson, Dave. How a demo tape mistake created a hit. https://eu.tennessean.com/story/entertainment/music/2016/06/18/how-demo-tape-mistake-created-hit/85982940/ Abgerufen am 08.06.2025.
(3) Inside MusiCast: Interview with Al Jarreau. 7. Januar 2014. Abgerufen am 9.9.2025.
(4) ebda.
(5) Paulson, Dave. How a demo tape mistake created a hit. https://eu.tennessean.com/story/entertainment/music/2016/06/18/how-demo-tape-mistake-created-hit/85982940/ Abgerufen am 08.06.2025.
(6) Inside MusiCast: Interview with Al Jarreau. 7. Januar 2014. Abgerufen am 9.9.2025.

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Jochen Scheytt
ist Lehrer, Pianist, Komponist, Arrangeur, Autor und unterrichtet an der Musikhochschule in Stuttgart und am Schlossgymnasium in Kirchheim unter Teck.