The Band: The Night The Drove Old Dixie Down

1865 fällt im Amerikanischen Bürgerkrieg die Stadt Richmond und besiegelt damit die Niederlage der Südstaaten.

Die Band „The Band“ waren schon eine etwas seltsame Erscheinung. Vor der Kulisse der Appalachian Mountains, mit ihren langen Bärten, den altmodischen Klamotten und Hüten, sahen sie aus, als wären sie direkt einem vergilbten Foto aus der Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs entsprungen. Nicht nur ihr Aussehen erinnerte daran, auch ihre Lieder erinnerten an die Zeit Abraham Lincolns, als Vaudeville- und Minstrel Show-Truppen durch die Lande zogen und die Quacksalber auf den Jahrmärkten dem gutgläubigen Publikum ihren Schund verkauften.

Diese Rückwärtsgewandtheit setzten sie auch in ihrer Musik um, spielten ohne modische elektronische Gimmicks, und benutzten traditionelle, akustische Instrumente. Sie versuchten, einen bewussten Gegenpol zu der Musik der Hippies zu setzen und in ihren Songs in Amerika verwurzelte Geschichten zu erzählen.

In die amerikanische Vergangenheit führt auch der wohl bekannteste Song von The Band, The Night They Drove Old Dixie Down. Er handelt vom Amerikanischen Bürgerkrieg.


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Zwischen 1861 und 1865 bekämpften sich in den USA die Nordstaaten und die Südstaaten in einem erbittert geführten Bürgerkrieg. Auslöser war die Sklavenfrage. Der Norden unter dem Präsidenten Abraham Lincoln befürwortete die Abschaffung der bis dahin hauptsächlich im Süden praktizierten Haltung von Schwarzen als Arbeitssklaven. Die Südstaaten, die wirtschaftlich davon abhängig waren, dass die Sklaven auf den großen Plantagen schufteten, wehrten sich gegen die Abschaffung. Im daraus folgenden Bürgerkrieg gewann schließlich der industrielle Norden die Oberhand gegen die an Material unterlegenen, aber dafür umso leidenschaftlicher kämpfenden Südstaaten, die sogenannte Konföderation (Confederacy).

Diese wurden volkstümlich auch "Dixie" oder "Dixieland" betitelt - eine Bezeichnung, deren Ursprung unklar ist. Möglicherweise wurde "Dixie" von der Mason-Dixon-Line abgeleitet, einer offiziellen Grenzziehung zwischen den Staaten Pennsylvania und Delaware im Norden und West Virginia und Maryland im Süden, die symbolisch zur Grenze zwischen Nord- und Südstaaten wurde. Eine andere Theorie führt den Namen auf die im Süden gebräuchlichen, auf der Rückseite mit französisch "dix" bezeichneten Zehn-Dollar-Banknoten zurück.

The Night They Drove Old Dixie Down wird aus der Perspektive des Ich-Erzählers Virgil Caine geschildert, der die Ereignisse des amerikanischen Bürgerkriegs aus der Sicht eines nicht in die Kämpfe verwickelten Bewohners des Süden beobachtet und den Verlust des "alten Südens" mit Wehmut und Bitterkeit erlebt. Er verliert seinen Job bei der Eisenbahn, da die Schienen zerstört werden, verliert seinen Bruder, der durch einen Yankee, einen Angehörigen der Nordstaaten, getötet wird, und sieht den Fall der Stadt Richmond, Virginia, 1865, die das Ende des Kriegs besiegelt, und von den kapitulierenden Truppen niedergebrannt wird.

Die im Text erwähnten Personen sind Robert E. Lee, ein gefeierter General der Südstaatenarmee, George Stoneman ein General der Gegenseite, der Armee der Nordstaaten. Der Danville Train bezieht sich auf die von der Stadt Richmond zur südöstlich davon gelegenen Stadt Danville verlaufenden Bahnlinie.

Sehr bekannt wurde der Titel durch die 1971 veröffentlichte Coverversion der amerikanischen Folklegende Joan Baez. Dem Erfolg dieser Version tat keinen Abbruch, dass der Liedtext eigentlich aus der Perspektive eines Mannes erzählt wird. 1972 gelang der erst 15-jährigen Juliane Werding mit einer Coverversion mit dem Titel Am Tag als Connie Kramer starb der Durchbruch. Es ist ein Anti-Drogen-Song, der aus heutiger Sicht allzu pathetisch und weinerlich daherkommt.

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  © 2024 by Jochen Scheytt

Jochen Scheytt
ist Lehrer, Pianist, Komponist, Arrangeur, Autor und unterrichtet an der Musikhochschule in Stuttgart und am Schlossgymnasium in Kirchheim unter Teck.